70 Mikrometer kleine Roboter könnten im menschlichen Blutkreis zu geschädigten Zellen wandern und “Reparaturen” ausführen. Laufen können sie bereits.
Winzige Roboter, die im menschlichen Körper gezielt einzelne Zellen behandeln, sind eine faszinierende Vision, die viele Forscher beflügelt. Ein großes Problem ist dabei jedoch die Fortbewegung: Wie gelangen die kleinen Pflegekräfte zu genau der Zelle, um die es geht? Einfach ein U-Boot zu verkleinern, wie in Richard Fleischers berühmten Science-Fiction-Film “Die phantastische Reise”, würde in der Realität nicht funktionieren, weil in diesen Größenordnungen andere Kräfte dominieren als in der Makrowelt.
Ein verbreiteter Ansatz ist die Steuerung der Winzlinge mithilfe externer Magnetfelder, traditionelle Fortbewegungsarten gelten dagegen als kaum anwendbar. Da ist es umso überraschender, dass US-Forscher jetzt Mikroroboter vorgestellt haben, die auf vier Beinen laufen.
Lediglich 70 Mikrometer messen die Winzlinge, die Marc Miskin mit seinem Forschungsteam an der Cornell University in Ithaca, New York, entwickelt und jetzt bei der März-Konferenz der American Physical Society vorgestellt hat. Das entspricht ungefähr der Dicke eines menschlichen Haares. Den Kern des Roboterkörpers bildet ein mit einer dünnen Siliziumschicht überzogenes rechteckiges Stück Glas, in das die elektronischen Steuerelemente eingeätzt sind. Außerdem verfügt jeder Roboter über zwei oder vier winzige Solarzellen.
Fortbewegung mit Laser-Energie
Die vier Beine bestehen jeweils aus zwei Schichten aus Platin und Titan, jedes Bein ist nur 100 Atome dick. Diese Beine seien “super-stark”, sagt Miskin: “Jeder Roboter trägt einen Körper, der 1000 Mal so dick und 8000 Mal so schwer ist wie jedes Bein.” In Bewegung setzen sich die Roboter, wenn sie mit einem Laser bestrahlt werden. Durch die entstehende Spannung dehnt sich das Platin im Bein, das Titan dagegen bleibt steif, sodass sich das Bein insgesamt leicht krümmt. Auf der Website von Marc Miskin unter “Projects > Nanorobots” zeigen Videos, wie sich der Mikroroboter fortbewegt.
Eine Besonderheit der Mikroroboter ist ihre Produktionsweise: Anders als die Roboter der Makrowelt werden sie nicht einzeln zusammengefügt, sondern in einem mehrstufigen Verfahren im Laufe weniger Wochen millionenfach aus einem vier Zoll großen Silizium-Wafer gefertigt. “Wir verwenden Techniken aus der Halbleiterindustrie, um kleine Roboter herzustellen”, so Miskin.
Robuste Mikroroboter
Dass das Verfahren funktioniert, sahen die Forscher erstmals kurz vor Weihnachten 2017, als sie die ersten Zuckungen der Roboterbeine beobachten konnten. Bis zum Einsatz im menschlichen Körper müssen aber noch weitere Probleme gelöst werden. So würde die Energieversorgung durch Laser nur in den oberen Hautschichten funktionieren. Miskin und sein Team denken daher über Ultraschall oder Magnetfelder als alternative Energiequellen nach. Außerdem sollen die Roboter mit Sensoren, Uhren und komplexerer Elektronik ausgestattet werden.
Worüber sie bereits verfügen, ist die nötige Robustheit, um die heftigen Turbulenzen im menschlichen Blutkreislauf zu überstehen. “Wir haben festgestellt, dass sie die Injektion mit einer Spritze überleben. Sie sind danach weiterhin intakt und funktionieren”, sagt Miskin. “Das ist ganz schön cool.” (olb)
Researchers have created tiny functional, remote-powered, walking robots, developing a multistep nanofabrication technique that turns a 4-inch specialized silicon wafer into a million microscopic robots in just weeks. Each one of a robot’s four legs is just under 100-atoms-thick, but powered by laser light hitting the robots’ solar panels, they propel the tiny robots. The researchers are now working on smart versions of the robots that could potentially make incredible journeys in the human body. Releasing 10,000 robots massively in parallel (real time).
Cell-sized robots so tiny they could be injected with a syringe are real and can be mass-produced
The cell-sized microbots are little squares of silicon with legs made from platinum and titanium, able to swim around inside your body and track vital signs. The micro-robots are equipped with miniature solar cells, powered with laser light and can be mass-produced with a new nano-fabrication process. Each one of a robot’s four legs is just under 100-atoms-thick, but powered by laser light hitting the robots’ solar panels, they propel the tiny robots.
see also:
Maschinen im Bauch
Medizinroboter waren bisher eher sperrige Geräte. Nun tüfteln Forscher an winzigen Maschinen, die gezielt im Körper wirken und viele Therapien verbessern sollen.
Der winzige Roboter müsste eigentlich im zähen Schleim stecken bleiben, der den Magen innen auskleidet. Doch er hat einen Trick auf Lager, den er ausgerechnet dem Schurkenbakterium verdankt, das er später einmal bekämpfen könnte. Genau wie der Magengeschwüre erzeugende Keim Helicobacter pylori nutzt der nur wenige Mikrometer große Roboter das Enzym Urease, um den in der Magenflüssigkeit vorhandenen Harnstoff zu zerlegen. Dabei entsteht Ammoniak, das den pH-Wert des sauren Magenmilieus lokal in die Höhe treibt. Oberhalb eines pH-Werts von fünf bricht das gelartige Netzwerk des Magenschleims zusammen und verflüssigt sich gewissermaßen. Nun kann der Mikroroboter hindurchschwimmen – angetrieben von einem korkenzieherartigen Propeller, der nicht von ungefähr an die Geißel von Bakterien erinnert. Sein Ziel ist die Magenwand, wo er später einmal Wirkstoffe zur Behandlung von Magengeschwüren freisetzen könnte.
So weit ist es noch nicht. Vorerst ging es den Forschern um Peer Fischer und Debora Walker darum, den kleinen Schwimmer fahrtüchtig zu machen. Seine Jungfernfahrt fand im Labor des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart statt, den Magenschleim hatten die Wissenschaftler aus Schweinemägen gewonnen. Dank der Urease-Beschichtung drehte sich die korkenzieherförmige Schiffsschraube fast widerstandsfrei. Sie bestand aus Quarzglas, überzogen mit einer dünnen Nickelschicht. Dadurch wurde der Mikroroboter magnetisch, so lässt er sich von außen antreiben und lenken. Im Laborversuch mussten die Forscher noch etwas Gallensäure hinzugeben, um den am Propeller haftenden Schleim abzulösen. Im menschlichen Magen wäre Gallensäure allerdings natürlicherweise vorhanden.
Medizinische Mikroroboter, die sich aktiv durch den Körper bewegen und Krankheiten behandeln, waren lange reiner Science-Fiction-Stoff. In dem Film “Die phantastische Reise” schipperte ein miniaturisiertes U-Boot mit Besatzung durch die Blutbahn, um Blutgerinnsel aufzulösen. Im dystopischen Roman “Level”, der Fortsetzung von Hugh Howeys Weltbestseller “Silo”, patrouillieren bereits Millionen autonome Nanoroboter im Körper, um etwa Krebs auszuschalten und Menschen jung zu halten. Davon ist die Forschung zwar noch weit entfernt. Doch Roboter wie der von Fischer und Walker lassen erahnen, dass sie in Zukunft zum Repertoire von Ärzten gehören werden. Viele haben die Konzeptphase weit hinter sich gelassen und werden mittlerweile an Tieren erprobt.
Die winzigen Helfer bilden einen sehr vielseitigen Technikzoo und haben mit den Robotern der Makrowelt wenig gemeinsam. Trotzdem lassen sie sich als Maschinen einstufen, weil sie oft autonom agieren, sich fortbewegen können und in gewisser Weise auch programmierbar sind. Mithilfe der Mikroroboter lassen sich eines Tages womöglich größere Operationen vermeiden und kleinere noch schonender durchführen. Bots wie Fischers kleiner Schwimmer könnten Medikamente zielgerichtet an den vorgesehenen Ort transportieren – und so Nebenwirkungen an unerwünschten Stellen im Körper verhindern. Ein Nachteil, den zum Beispiel viele Krebsmittel haben, die Tumore zum Schrumpfen bringen sollen. “Die Idee ist überall die gleiche, ob im Magenschleim, Darm oder im Auge: eine systemische Verabreichung vermeiden”, erklärt Fischer.
Bradley Nelson hat sich das Auge vorgenommen. In seinem “Multi-scale Robotics Lab” an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) testet er Mikrobots, um Sehleiden zu behandeln. Das Team des Züricher Forschers lenkte einen zylinderförmigen Mikroroboter mit externen Magnetfeldern durch ein Kaninchenauge entlang einer vorgegebenen Route zur Netzhaut. Dort kann der Mikrobot später zum Beispiel Medikamente auch über längere Zeit hinweg freisetzen und so wiederholtes Spritzen vermeiden. “Das wäre ideal für Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration”, sagt Franziska Ullrich vom Nelson-Labor. Der Schweizer Mikroroboter hat einen Durchmesser von 300 Mikrometern und ist 1,8 Millimeter lang. Zwar wurden drahtlose Implantate, die Wirkstoffe abgeben, bereits getestet.
from: https://www.heise.de/tr/artikel/U-Boote-im-Bauch-gegen-Krankheiten-3807705.html
Maschinen im Auge
Medizinroboter waren bisher eher sperrige Geräte. Nun tüfteln Forscher an winzigen Maschinen, die gezielt im Körper wirken und viele Therapien verbessern sollen.
Aber keines kann sich bewegen, um seine Position zu korrigieren. Um sie später wieder herauszuholen, muss zudem meist der Glaskörper mit entfernt werden, jene durchsichtige, gelartige Substanz, die den Hohlraum zwischen Linse und Netzhaut ausfüllt. Die Mikroroboter lassen sich dagegen über ihre Magnetsteuerung ohne viel Aufwand am Rand des Auges wieder herausholen.
Die Vorstellung einer ferngelenkten Maschine im Auge ist vielen Medizinern dennoch unheimlich. “Im Gespräch mit Ärzten stellte sich heraus, dass sie sich zur Sicherheit eine Möglichkeit wünschen, den Roboter rauszuziehen”, sagt Ullrich. Zudem ließen sich auf diese Weise größere Wirkstoffmengen verabreichen, als ein Bot allein transportieren könnte. Daher entwickelt das Nelson-Lab auch Mikroroboter, die an der Spitze eines hauchdünnen Katheters sitzen. Im Vergleich zu einer herkömmlichen Injektionsnadel bietet diese Variante dennoch Vorteile: Weil der Katheter flexibel ist, kann der Bot mehr Punkte im Auge erreichen als eine Injektionsnadel.
Der kleinere Durchmesser verursacht zudem geringere Gewebsverletzungen. Der gekoppelte Mikroroboter bietet sich etwa an, um einen Venenverschluss in der Netzhaut zu behandeln, der üblicherweise durchspült werden muss. Dabei kann er eine weitere konstruktionsbedingte Stärke ausspielen: Mithilfe der angelegten Magnetfelder lässt sich messen, mit welcher Kraft er die Vene punktieren muss. Bisher kommt es dabei auf Erfahrung und Geschick des Chirurgen an, weil er den Widerstand der kleinen Vene nicht spüren kann.
Doch das externe Magnetfeld hat auch einen Nachteil: Seine Erzeugung benötigt eine aufwendige und teure Apparatur. Wie einfach wäre es demgegenüber, Patienten könnten die Mikroroboter einfach schlucken wie eine Pille. Genau an dieser Vision arbeiten Forscher um Joseph Wang von der University of California in San Diego (UCSD). Ihre Maschinchen flitzen wie winzige U-Boote durch den sauren Magensaft und nutzen ihn dabei als Treibstoff. Sie sollen später ebenfalls helfen, Magengeschwüre schonender zu behandeln. Bisher müssen Patienten zusammen mit den Medikamenten auch sogenannte Protonenpumpen-Hemmer einnehmen. Diese unterdrücken die Produktion von Magensäure, damit sie die Wirkstoffe nicht zerstört. Sie können jedoch unangenehme Nebenwirkungen haben wie Kopfschmerzen, Durchfall und in schweren Fällen sogar Depressionen.
Die UCSD-Wissenschaftler wollen die Säure deshalb ohne Nebenwirkungen neutralisieren und die für den hohen Säuregrad verantwortlichen Protonen aus dem Verkehr ziehen. Dafür beschichteten sie 20 Mikrometer große Magnesiumkügelchen nahezu komplett mit Gold und einem bioverträglichen Material, das den Wirkstoff enthält. Nur ein kleiner Teil der Magnesiumfläche blieb frei. Er reagiert nun mit den Protonen der Magensäure, dabei entsteht Wasserstoff. Das hervorperlende Gas dient als eine Art Rückstoßstrahl und lässt die Magnesiumkügelchen kreuz und quer durch den Magensaft flitzen. Ist der pH-Wert schließlich hoch genug, setzt der Trägerstoff das Medikament frei.
In Tierversuchen neutralisierten die Mikroroboter den Magensaft von Mäusen in 18 Minuten, der pH-Wert normalisierte sich innerhalb eines Tages wieder. Bis sich kostengünstig ausreichende Mengen der winzigen Wirkstofftransporter herstellen lassen, wird es noch eine Weile dauern. Wenn es aber so weit ist, muss man sie nur noch schlucken.
Auf längere Sicht sind sogar noch kleinere medizinische Helfer denkbar. Mainzer Forscher um Johannes Roßnagel haben eine Maschine erzeugt, die wenig größer als ein Atom ist und sich ähnlich wie ein Viertaktmotor verhält. Dafür sperrten die Wissenschaftler ein Kalziumatom in einem kegelförmigen Gehäuse aus elektromagnetischen Feldern ein. Richteten sie je einen Laser auf die Spitze und den Boden den Kegels, wurde das Atom abwechselnd erhitzt und gekühlt und bewegte sich wie ein Kolben immer schneller hin und her. Theoretisch wäre es denkbar, ein zweites Atom so zu positionieren, dass es die Energie des ersten ähnlich wie ein Schwungrad absorbiert.
Noch ist fraglich, ob sich die kleinste Maschine der Welt irgendwann praktisch nutzen lässt. Doch dass sie überhaupt funktioniert, zeigt, wie rasant sich die Mikrorobotik weiterentwickelt – und welche Möglichkeiten sie eröffnen kann. (Veronika Szentpétery-Kessler)
from: https://www.heise.de/tr/artikel/U-Boote-im-Bauch-gegen-Krankheiten-3807705.html?seite=2
You must be logged in to post a comment.