von Lina Rusch – veröffentlicht am 15.11.2019
Nach monatelangem Streit gibt es nun grünes Licht für die Cyberagentur. Die Auflagen für diese besondere GmbH sind allerdings streng. Und die Führungsfrage ist weiter offen – doch es zeichnet sich eine Personalie ab.
Im Haushaltsausschuss ging gestern Abend der monatelange Streit zwischen den Koalitionsfraktionen zur Cyberagentur zu Ende. Das Projekt der unionsgeführten Ministerien für Inneres- (BMI) und Verteidigung (BMVg), für das für die Jahre 2020 bis 2023 282,5 Millionen Euro bereitstehen, kann nun als GmbH gegründet werden, um innovative Technologieprojekte zur Cybersicherheit voranzutreiben. Die Probleme, die die SPD-Fraktion in Bezug auf eine fehlende parlamentarischen Kontrolle moniert hatte, konnten beseitigt werden.
„Wir wollten nach der Berateraffäre des Verteidigungsministeriums nicht noch eine unkontrollierte GmbH auf den Weg bringen“, erklärt der SPD-Haushaltspolitiker Dennis Rohde gegenüber Tagesspiegel Background den vormaligen Widerstand seiner Fraktion. Das Ergebnis der Verhandlungen sei nun eine neue Struktur, die die „stärkste parlamentarische Kontrolle bei einer GmbH in der Geschichte des Deutschen Bundestages“ sicherstelle, lobt Rohde das Ergebnis.
Aufsichtsrat mit acht Mitgliedern
Der Weisungsbeschluss, auf dessen Grundlage die Entscheidung im Haushaltsausschuss gestern Abend gefallen ist, sieht nun einen Aufsichtsrat mit acht Mitgliedern vor, davon zwei noch nicht benannte Mitglieder des Bundestages. Darüber hinaus sollen zwei Mitglieder von den Personalräten der Beschaffungsämter der Bundeswehr und des Innenministeriums benannt werden. Diese ungewöhnliche Konstruktion soll sicherstellen, dass die Vertreter der Beschaffungsämter nicht weisungsgebunden sind, anders als beispielsweise die Präsidenten der Beschaffungsämter. Darüber hinaus sitzen im Aufsichtsrat Vertreter, die von den Ministerien benannt werden, also vom BMI, dem BMVg und dem Finanzministerium, sowie ein Vertreter aus der Wissenschaft.
Transparenz versus Innovationsfähigkeit
Der Bundestag gibt der Agentur aber auch darüber hinaus ein sehr striktes Reglement: Die Agentur muss „vollständige Transparenz gegenüber dem Deutschen Bundestag“ gewährleisten, steht in dem Beschluss. „Im Übrigen auch gegenüber der Opposition“, merkt Rohde an. Zu dieser Transparenz zählen quartalsweise Berichte an den Haushaltsausschuss über sämtliche Aktivitäten der Agentur. Die Aufnahme neuer Geschäftszweige und Ausgründungen müssen vom Haushaltsausschuss genehmigt werden, Projekte im Auftrag der Privatwirtschaft sind ganz verboten und auch den Forschungsaktivitäten der Cyberagentur sind in klaren Grenzen zu halten. Aus Sicht von Rohde ist diese Art der parlamentarischen Kontrolle eine „echte Blaupause für künftige GmbHs“.
Wie innovativ diese Agentur unter diesen Umständen agieren kann, muss sich jedoch zeigen. Fest steht: Die zivile Agentur für Sprunginnovationen (SprinD), die wie die Cyberagentur in Leipzig ihren Sitz haben wird, und ihr Chef Rafael Laguna, haben deutlich mehr Freiheiten in ihrem Vorgehen, auch wenn die SprinD wohl über mehr Mittel verfügen wird als die Cyberagentur.
Obwohl das Ergebnis nicht ganz im Sinne der Union sein kann, nennt auch Reinhard Brandl, Haushalts- und Verteidigungspolitiker der Union, diese Einigung einen „großen Erfolg“. Es sei weniger ein „Kompromiss“ als eine „Lösung“ des Streits zwischen den Koalitionspartnern – „denn wir haben ja gar nichts gegen mehr parlamentarische Kontrolle“, so Brandl. Die Agentur könne nun „endlich“ wie geplant als GmbH an den Start gehen. Das deutsche Fördersystem sei nicht auf bahnbrechende Innovationen ausgerichtet und brauche deshalb eine solche Einrichtung. „Da können wir von den Amerikanern viel lernen“, so Brandl in Anspielung auf die DARPA in den USA. Die Innovationsagentur des US-Militärs gilt als Vorbild für die neuen Innovationsagenturen der Bundesregierung: Die zivile SprinD und die auf Sicherheitstechnologien spezialisierte Cyberagentur.
Wer übernimmt die Leitung der Agentur?
Zumindest bei der SprinD ist die Frage nach dem Gründungsdirektor der Agentur auf enormes öffentliches Interesse gestoßen. Zur Findung eines geeigneten Kandidaten wurde damals sogar eine hochkarätig besetzte Gründungskommission eingesetzt, die mit dem Open-Source-Pionier Rafael Laguna ein Mitglied aus den eigenen Reihen ausfindig machte.
Angesichts der viel grundlegenderen Hürden bei der Cyberagentur ist es nicht verwunderlich, dass die Personalie dort noch unter Verschluss gehalten wird, um keinen zusätzlichen Wirbel um Personalfragen im Parlament zu kreieren. Auf Nachfrage von Tagesspiegel Background will das BMVg weiterhin keine Angaben dazu machen.
Saarlands Digitalminister wird als möglicher Chef gehandelt
Dabei hatte Myriam Boeck, Leiterin des Aufbaustabs der Cyberagentur im BMVg, bereits im April auf einer öffentlichen Veranstaltung verkündet, dass ein geeigneter Geschäftsführer für die Agentur gefunden sei (Tagesspiegel Background berichtete). Seit einigen Monaten ist der saarländische Innovationsbevollmächtigte und Digitalminister Ammar Alkassar (CDU) im Gespräch für diesen Posten – offen bleibt, ob er die Agentur alleine führen wird, oder ob es eine Doppelspitze geben wird.
from: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/cyberagentur-kommt-mit-strengen-auflagen
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Damit war die CyberAgentur beschlossen:
Der Haushalt – Cyber Agentur auf Seite 582
https://www.bgp4.com/wp-content/uploads/2019/11/Haushalt-1911800.pdf
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